Lippenblütler/Lamiaceae
Als Stammpflanze für die Gewinnung der Droge dient der dalmatinische Salbei, eigentliche Salvia officinalis und der griechische Salbei, Salvia triloba (= Salvia fruticosa, = Salvia trilobae folium).
Im Folgenden wird zunächst Salvia officinalis beschrieben. Danach werden Unterschiede zu Salvia triloba erwähnt.
In Österreich wird traditionell eher der dalmatinische Salbei als Stammpflanze für die Drogengewinnung verwendet. Auf Unterschiede im Hinblick auf die Inhaltsstoffe wird unten eingegangen.
Als Lippenblütler hat Salbei einen vierkantigen Stängel, kreuzgegenständige Blätter und typische Lippenblüten.
Er wächst als Halbstrauch und erreicht Wuchshöhen von bis zu achtzig Zentimeter. Der untere Teil der Pflanze verholzt, der obere bleibt krautig (=Halbstrauch). Der holzige Teil überwintert, der krautige stirbt ab. Salbei ist im unteren Bereich stark verzweigt. Die ganze Pflanze ist dicht behaart.
Die kreuzgegenständig angeordneten Blätter sind einige Zentimeter lang und länglich-eiförmig. Sie sind an der Oberseite stark runzelig, in Lupenbetrachtung entsteht der Eindruck einer rhombischen Felderung und weißfilzig behaart. Dadurch entsteht sowohl der graugrüne Farbeindruck, als auch der typische weich-zähe Tasteindruck. Der Blattrand ist annähernd glatt oder fein gekerbt.
Die typischen Lippenblüten sind zygomorph, fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, violett und zwei bis drei Zentimeter lang.
Im Unterschied zu Salvia officinalis wird Salvia triloba bis ungefähr 120 cm hoch und ist ein Strauch. „Fruticosa“ heißt „strauchig“. Die Blätter haben an der Basis deutliche Öhrchen, die den dreilappigen Eindruck erwecken. Auch die Blätter von Salvia officinalis können ein wenig geöhrt sein, aber viel weniger deutlich und weniger konstant als die von Salvia triloba. Die Blüten von Salvia triloba sind meist heller, als die von Salvia officinalis.
Amarum aromaticum.
Beim Zerreiben der Blätter ist der typische Geruch ätherischer Öle zu riechen. Beim Zerkauen der Blätter ist einerseits ein bitterer Beigeschmack (Bitterstoffe) als auch ein eigentümlich pelziges Gefühl auf der Zunge spürbar (Lamiaceengerbstoffe).
Wie alle Lamiaceen enthält Salbei also ätherische Öle, Bitterstoffe und Lamiaceengerbstoffe. Daneben sind auch Flavonoide vorhanden.
Das ätherische Öl wird deshalb beim Zerreiben besonders wahrnehmbar, weil es in Drüsenschuppen auf der Blattoberfläche gespeichert ist und beim Zerreiben frei wird.
Die Hauptkomponenten der ätherischen Öle sind Cineol, Thujon und Campher, daneben noch andere Mono- und Sesquiterpene.
Während Salvia officinalis einen hohen Gehalt an Thujon aufweist, weist Salvia triloba einen wesentlich geringeren Thujongehalt, dafür aber mehr Cineol auf. Dies ist auch durch einen mehr an Eukalyptus erinnernden Geruch wahrnehmbar.
Die Lamiaceengerbstoffe (=Labiatengerbstoffe) sind vor allem Hydroxyzimtsäurederivate (z.B. Rosmarinsäure).
Die Bitterstoffe sind Diterpenphenole.
Thujon ist Bestandteil ätherischer Öle verschiedener Pflanzen und Pflanzenfamilien unter anderem in Thuja, Salviaarten, Artemisiaarten.
In Verruf geriet Thujon, weil bei reichlichem Genuss von Absinth (alkoholisches Getränk, das unter anderem Artemisia absinthium (=Wermut) enthält) der psychische Verfall der Konsumenten ausgeprägt war und nicht nur dem Alkohol sondern eben auch dem Thujon zugeschrieben wurde (unter anderem Vincent van Gogh). Des Weiteren sind bei Überdosierungen von Thujon epileptiforme Krämpfe möglich.
Diese Bedenken haben zur Empfehlung geführt Salbeiöl nicht innerlich anzuwenden und Salbeitee nicht über lange Zeit (z.B. als Haustee) täglich zu genießen. Auch während der Schwangerschaft ist der Gebrauch von konzentrierten Zubereitungen nicht empfohlen. Gelegentliche Anwendung von Tee ist auch in der Schwangerschaft möglich.
Verwendet wird Folium salviae, die Blattdroge, die von Salvia officinalis (dalmatinischem Salbei) oder Salvia triloba (griechischer Salbei) stammt.
Mit freiem Auge sind die geschnittenen Blattfragmente und Stängelanteile sichtbar. Die Blätter wirken insgesamt graugrün und pelzig behaart. Diese Behaarung ist mit freiem Auge eher ein Gesamteindruck, die einzelnen Härchen erkennt man erst in Lupenvergrößerung. Die Felderung ist auch mit freiem Auge zu erahnen.
In Lupenvergrößerung ist die dicht filzige Behaarung deutlich erkennbar. Der Felderung an den Blattoberseiten entspricht eine netzartige Nervatur an den Unterseiten. Aufgrund der Behaarung hängen oft mehrere Blattfragmente knäuelartig zusammen. Salvia triloba ist noch stärker behaart als Salvia officinalis.
Der Geruch ist typisch salbeiartig aromatisch. Der Geruch von Salvia triloba sei mehr an Eukalyptus erinnernd (höherer Cineol-, niedrigerer Thujongehalt). An den getrockneten Drogen sind die Geruchscharakteristika viel undeutlicher wahrnehmbar als an frisch abgezupften Salbeiblättchen.
Geschmacklich sind neben einem aromatischen harzigen Geschmack, eine bittere und eine adstringierende Komponente wahrnehmbar.
Verwechslungen könnten optisch mit anderen behaarten Blattdrogen, wie z.B. Folium altheae vorkommen. Im Tasteindruck ist Folium salviae fester, folium altheae weicher. Unter Lupenvergrößerung ist Folium altheae zwar ebenfalls recht dicht behaart. Die Behaarung von Folium salviae ist aber noch wesentlich dichter und erweckt einen filzartigen Eindruck, während die von Folium altheae den Eindruck von dicht stehenden Einzelhärchen erweckt.
Salvia kann als Ätherischöl- und Bitterstoffdroge (=Amarum aromaticum) bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe von Arzneipflanzen passt vor allem die Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden.
Salbei ist stark antimikrobiell und antiviral wirksam. Daran sind vermutlich zumindest die Gerbstoffe, als auch die ätherischen Öle beteiligt.
Die adstringierende Wirkung wird vor allem bei Entzündungen der Mund und Rachenschleimhaut verwendet.
Die eigentlich wissenschaftlich bewiesene Hemmung der Schweißsekretion konnte ich in der Praxis nie beobachten. Auch Kollegen berichten über die gleiche Erfahrung.
Zusammenfassend verwende ich Salbei vor allem bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut inklusive Angina tonsillaris. Ich mache mir dabei die zusammenziehende und dadurch auch lokal entzündungswidrige, schmerzhemmende, sowie die antimikrobielle Wirkung zunutze. Zur Anwendung kommt entweder die Tinktur, eventuell kombiniert mit Myrrhentinktur, oder einfach und ebenfalls sehr wirksam Salbeitee. Es ist auch sinnvoll abechselnd den hauptsächlich adstringierenden Salbeitee mit einer Schleimstoffdroge, z.B. Käsepappeltee zu kombinieren.
Bei Erkrankungen des Magen- Darmtraktes ist die Anwendung ebenfalls sowohl wissenschaftlich plausibel, als auch in der Erfahrungsheilkunde belegt.
Pharmacopoea Austriaca 1812/österreichisches Arzneibuch:
Salbei/Salvia officinalis ist im Österreichischen Arzneibuch des Jahres 1812 als „Salvia. Officin“ gelistet.
Als „Partes conservandae & praeperata“ wird „Folium“ angegeben.
Salbei ist eine Gattung mit weltweit zahlreichen (um 900) Arten. Ich möchte davon die bei uns vorkommenden Arten Wiesensalbei und klebrigen Salbei, sowie den bekannten Wahrsagesalbei erwähnen.
Der klebrige Salbei (=Salvia glutinosa) kommt vor allem in unseren Wäldern vor, ist gelbblühend und hat recht große gepfeilte Blätter, die ganze Pflanze ist klebrig.
Der Wiesensalbei (=Salvia pratensis) kommt ebenfalls bei uns, aber eher, wie der Name schon sagt auf Wiesen vor, da er sehr lichtliebend ist. An ihm kann man sehr schön den typischen „Schlagbaummechanismus“ zeigen, mit dem Pollen an den Körper der Bestäuber (Hummeln) kommt. Wie die Hummel mit ihrem Rüssel den Hebelarm der Staubfäden betätigen, kann man das auch mit einem Grashalm selbst auslösen.
Salvia divinorum (=Wahrsagersalbei, Aztekensalbei) stammt ursprünglich aus Mexiko und wurde von den Mazateken in niedriger Dosierung als Heilpflanze, in höherer Dosierung auch als Rauschdroge im Rahmen von Heil- und Wahrsageritualen eingesetzt. Die wesentliche psychoaktive Komponente ist Salvinorin A. Es handelt sich dabei um ein Diterpen, das als Kappa-Rezeptor-Agonist wirkt und als stärkster natürlich vorkommender halluzinogener Stoff gilt. Es hat keine Ähnlichkeit mit LSD.
In der Humorallehre werden dem Salbei trocknende und wärmende Eigenschaften zugeschrieben.